Fahrzeuge des Vereins
Die Zittauer Hofdame 99 4532
Lebenslauf der Maschine
Unter der Fabriknummer 10844 im Jahre 1924 von der Firma Orenstein und Koppel gebaut, kam sie nach Fertigstellung zuerst auf der in Thüringen gelegene schmalspurigen Trusebahn zum Einsatz. Auf dieser von Wernshausen nach Herges-Vogtei (später in Trusetal umbenannt) führenden Strecke befand sich bereits seit 1909 eine bauartgleiche Lokomotive im Einsatz. Diese ebenfalls von Orenstein und Koppel gelieferte Lok mit der Fabriknummer 3177 trug zuerst den Namen "Glückauf" und später die Betriebsnummer 99 4531. Die wesentlich später gelieferte 99 4532 erhielt in ihrer neuen Heimat den Namen "Trusetal" und erst nach der Übernahme der privaten Trusebahn durch die Reichsbahn im Jahre 1949 die neue, bis zu ihrer Abstellung im Jahre 1989 gültige Betriebsnummer, welche lediglich bei Einführung der Computerverarbeitung bei der Deutschen Reichsbahn im Juni 1970 noch um die Selbstkontrollziffer ergänzt wurde. Eine unerwartete "Ehre" erfuhr die 99 4532 im Jahre 1992. In Vorbereitung der Schaffung einer einheitlichen Bahnverwaltung im mittlerweile wiedervereinigten Deutschland ergab sich die Notwendigkeit einer Anpassung der bei der Deutschen Bundesbahn und Deutschen Reichsbahn unterschiedlichen Betriebsnummern für Triebfahrzeuge. Obwohl bereits seit 1989 nicht betriebsfähig abgestellt und auch nicht mehr für eine Aufarbeitung vorgesehen (die offizielle z-Stellung erfolgte am 07.08.1990), gelangte der Ordnung halber auch die 99 4532 in diesen Umzeichnungsplan und nennt sich seit 01.01.1992 nun 099 760-1. Diese neue Betriebsnummer war aber nur eine theoretische Sache, da sie nie an der Lokomotive angebracht war.
Nach ihrem Eintreffen auf der Trusebahn verrichtete 99 4532 zusammen mit ihrer Schwestermaschine den überwiegenden Teil der anfallenden Zugleistungen. Erst zu Zeiten nach der Reichsbahnübernahme wurden diese zwei doch relativ schwachen Lokomotiven entbehrlich, dies vor allen mit der Stationierung von sonst hauptsächlich in Sachsen eingesetzten 1E1 Neubaudampflokomotiven aus dem VEB Lokomotivbau "Karl Marx" Babelsberg. Den Anfang machte hierbei 99 786, welche im Januar 1955 in Wernshausen eintraf. Ihr folgte im Oktober 1956 die 99 794 und schließlich setzte man im August 1959 die 99 772 nach Trusetal um, so das man ab 1958 auf die Dienste von 99 4531 verzichten konnte. Im Jahre 1959 war dann auch 99 4532 auf ihrer langjährigen Stammstrecke entbehrlich, so das sie ins RAW Görlitz gelangte und ihre nochmalige Aufarbeitung fraglich erschien. Obwohl nunmehr einer jener unbeliebten Einzelgänger, wurde sie doch nochmals im Jahre 1962 aufgearbeitet und anschließend nach Rügen zum dortigen Schmalspurnetz geschickt. Hier konnte man sich aber offensichtlich nicht mit 99 4532 anfreunden, woraufhin die Lokomotive 1963 nach Zittau kam und hier ihre zweite, langjährige Heimat fand.
Die Probefahrt in Zittau absolvierte 99 4532 zusammen mit dem Hilfszug nach Olbersdorf-Oberdorf, wobei aber schon ersichtlich wurde, das diese Lok für die relativ starken Steigungen auf der Zittauer Schmalspurbahn zu schwach war. Es ist aber unwahrscheinlich, das ein Einsatz auf der Strecke überhaupt vorgesehen war. Für den Einsatz als Rangierlok erhielt 99 4532 eine einfache Trichterkupplung. Gleichzeitig konnte mit dem Eintreffen von 99 4532 die letzte noch in Zittau vorhandene Lok der ehemaligen Gattung IV K, die 99 595 abgestellt werden. Das bedeutete das Ende des planmäßigen Einsatzes dieser Lokbaureihe in Zittau nach immerhin 55 Jahren!
Während ihres 26-jährigen Rangierlokdaseins in Zittau war 99 4532 unermüdlich damit beschäftigt, die anfallenden Rangieraufgaben, wie das Bilden und Auflösen von Güterzügen, das Auswechseln schadhafter Reisezugwagen und natürlich das Rangieren an den Rollwagengruben durchzuführen. Lediglich an den Wochenenden erhielt 99 4532 "dienstfrei" und durfte sich im Lokschuppen ausruhen, während dann das Auf- und Abladen der normalspurigen Güterwagen an den Rollwagengruben von den als Güterzugloks eingesetzten 1'E1' Einheitslokomotiven selbst durchgeführt wurde.
Am Anfang ihres Einsatzes in Zittau gab es häufig Probleme mit Entgleisungen, welche aber durch einen Umbau im RAW Görlitz beseitigt wurden. Unter anderen wurden die Federung optimiert, sowie die Lok mit einigen Gewichten zum Masseausgleich versehen. In den Streckendienst gelangte 99 4532 dennoch nicht mehr, nicht nur wegen der geringen Leistung, sondern weil man wohl auch weiterhin mit Entgleisungen oder zumindest Problemen in den engen Kurvenradien (z.B. Einfahrt Bf. Zittau-Vorstadt) auf der Strecke rechnete. Dies ist zwar so nicht nachvollziehbar, da auch auf dem Schmalspurteil des Bahnhofes Zittau zum Teil sehr enge Radien verwendet wurden, aber für 99 4532 lag somit die Grenze ihres Einsatzgebietes am Signal Ra 10 (Rangierhalttafel) in Höhe des Stellwerks W1 der Normalspur.
Im Laufe der Zeit erfreute sich 99 4532 wachsender Beliebtheit beim Betriebspersonal, was nicht zuletzt in ihrer einfachen Handhabung und dem sparsamen Kohleverbrauch lag. Ihrer Robustheit und Beliebtheit beim Personal verdankt es 99 4532 auch, das auch bei größeren Schäden die Lok jedesmal wieder aufgearbeitet wurde. So erhielt sie unter anderen einen Regler sowie die Feuertür einer IV K eingebaut, als die originalen Bauteile nicht mehr weiter verwendet werden konnten. Auch bemühte sich das Bahnbetriebswerk Zittau offensichtlich stets, "seine" kleine Rangierlok zu behalten, war doch der Einsatz einer großen 1E1 Einheitslok zum Rangieren nicht nur aufwendiger, sondern wegen der schlechteren Sicht beim Auf- und Abladen in den Rollwagengruben auch vom Betrieblichen her ungünstiger. Nicht zuletzt ein Argument für die 99 4532 war die Tatsache, das sie mit ihrer Kesselleistung geradezu ideal für das Rangieren war, während die Einheitsloks Probleme mit zu viel Dampfentwicklung hatten. Dies hatte zur Folge, das bei ihnen nur auf "Sparflamme" gefahren wurde. Das so etwas nicht gerade gut für die Kessel war, dürfte bekannt sein. Nicht zuletzt prägte gerade in den 80-iger Jahren ein ständiger Lokmangel auf der Schmalspurbahn das Geschehen in Zittau (zeitweise waren trotz Lokhilfe von anderen Schmalspurbahnen bei täglich benötigten 6 Lokomotiven nur 3 einsatzfähige Maschinen vorhanden, so das selbst Personenzüge im Schienenersatzverkehr gefahren werden mußten).
Nur aus dem Bemühen des Bahnbetriebswerkes Zittau um eine effiziente Rangierlok scheint es erklärbar, das 99 4532 immer wieder nach Zittau zurückfand. So auch im Jahre 1987, als die Rangierlok zu einem RAW-Aufenthalt und anschließend anläßlich des 34. MOROP-Kongresses zur Fahrzeugausstellung im Bf Erfurt West weilte. Urplötzlich tauchte als Ersatz eine Lokomotive der ehemaligen sächsischen Gattung IV K in Zittau auf. Es handelte sich hierbei um 99 1606. "Unter der Hand" verbreitete sich damals das Gerücht, 99 4532 sei auf der Lokomotivausstellung einen kaufkräftigen Interessenten aus der damaligen brD verkauft worden. Das dem nicht so war, konnte man ein Vierteljahr später erleben, als 99 4532 wieder in Zittau eintraf. Trotzdem erscheint es verwunderlich, das 99 1606 nach Zittau versetzt wurde. Vielleicht lag die Rückführung von 99 4532 aber auch daran, das sich das Bahnbetriebswerk Zittau beharrlich weigerte, 99 1606 einzusetzen. Während ihres immerhin mehrmonatigen Aufenthalts in Zittau wurde 99 1606 nur einmal probeweise angeheizt, bewegte sich aber auf der Zittauer Schmalspurbahn nicht einen einzigen Meter aus eigener Kraft. Auch ein, zum Teil in der Fachpresse behaupteter, Einsatz vor Sonderzügen oder dergleichen fand nicht statt! Begründet wurde der Nichteinsatz unter anderen damit, das Zittauer Lokpersonal auf dieser Lokbaureihe keine Erfahrung habe und gerade beim Rangieren die Sicherheit nicht gewährleistet werden kann.
Trotzdem sollte der weitere Einsatz von Lok 99 4532 in Zittau nun nur mehr 2 Jahre dauern. Als für eine notwendige Verlängerung der Kesselfrist im Herbst 1989 ein Stück aus dem Stehkessel heraus geschnitten und zur Materialprüfung nach Brandenburg-Kirchmöser geschickt wurde, kam das "Aus" für 99 4532. Der immer noch vorhandene Originalkessel aus dem Jahre 1924 war für eine Aufarbeitung aus Materialgründen nicht mehr verwendbar. Eine kurzzeitig angedachte Herabsetzung des Kesseldrucks wurde ebenso verworfen, wie der Gedanke an eine Neubekesselung. Da mittlerweile durch die Politische Entwicklung nach der Maueröffnung der Güterverkehr auf der Schmalspurbahn, nach einem kurzen Aufwind, mit der Stillegung der meisten Anschlußbetriebe immer geringer wurde, stellte sich die Frage einer Aufarbeitung nicht mehr, wurde doch eine extra Rangierlok nicht mehr benötigt.
Die Maschine verblieb jedoch weiter in Zittau, wo sie mit den anderen Fahrzeugen am 30.11.1996 an die SOEG überging. Nach langwierigen Verhandlungen gelang es, die Maschine am 01.02.2001 von der SOEG zu erwerben. Leider ist eine betriebsfähige Aufarbeitung derzeit nicht möglich, da die erforderlichen Mittel fehlen. So werden die in der Spendenaktion gesammelten Gelder nach dem Erwerb nun zur Erhaltung der derzeitigen Zustandes verwendet. Besichtigt werden kann die Lok zu den "Tagen der offenen Tür" und bei Veranstaltungen wie dem 9. Dresdener Dampflokfest oder dem Eibauer Bierzug. Im Jahr 2003 feiert sie ihre 40-jährige Zugehöhrigkeit zum Bw Zittau.
Einsatzdaten
Trusebahn AG | 01. September 1924 - 01. April 1949 |
Bw Meinigen | 15. Dezember 1950 - 12. Dezember 1958 |
Bw Putbus | 28. März 1962 - 08. Juli 1963 |
Bw Zittau | 09. Juli 1963 - 29. November 1996 |
Eigentum der SOEG | 30. November 1996 - 31. Januar 2001 |
Eigentum des IV | 01. Februar 2001 |